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Der Klebstoff tiefer Freundschaften!

Warum sind manche Freundschaften großartig und andere laufen jahrelang unspektakulär vor sich hin? Warum ist das Band zwischen einigen unverwüstbar und bei anderen reißt es bei der ersten Kleinigkeit? Warum fühlen sich manche zwischenmenschlichen Beziehungen nach Zuhause an und andere nur nach einer Station auf einem langen Weg? Ich war gerade mit meiner besten Freundin übers lange Wochenende drei Tage in Italien unterwegs und hab die letzten verregneten Tage ein bisschen gegrübelt, was die Quintessenz von tiefen Verbindungen (romantisch sowie platonisch, aber hier soll es heute um Freundschaften gehen) ist und bin auf folgende zwei Nenner gekommen: Zeit & Abenteuer.

 
Freundschaft ist nicht gleich Freundschaft

Immer wieder finde ich es erstaunlich, wie Freundschaften zustande kommen und in welche Richtungen sie sich entwickeln können. Im Prinzip fangen alle gleich an: Zwei Fremde lernen sich in einem bestimmten Kontext kennen, finden sich sympathisch und vereinbaren ein Treffen, bei dem sie sich besser kennenlernen. Das ist der leichte Teil, denn erst dann fängt die Schwerstarbeit an, das kontinuierliche Kontakt halten, Zeit investieren und gemeinsame Entwickeln in eine ähnliche Richtung. Ehrlich gesagt finde ich Freundschaften noch kniffliger als romantische Beziehungen, weil – so empfinde ich es zumindest – auf einer emotionalen/intellektuellen Ebene noch mehr zusammenpassen muss.


Ich würde von mir selbst behaupten, dass ich in den letzten 30 Jahren viele Freundschaften führen durfte und auch die verschiedensten Konstellationen erlebt habe. Was einem in der Schulzeit niemand sagt, ist, wie anstrengend es einmal sein wird, neben Job, Terminen, Beziehung und Me-Time auch noch Platz für weitere Personen zu schaffen und wie rar langlebige tiefe Freundschaften wirklich sind.

Manche Freundschaften sind an einen Kontext wie etwa die Arbeit gebunden, andere sind auf die Zeit in derselben WG begrenzt, wieder andere beschränken sich auf einen schnellen Kaffee alle zwei Monate und die wenigsten sind beständig intensiv und vertraut. Natürlich suchen wir auch alle nach verschiedenen Arten von Freundschaften. Ich kenne Leute, die können an einem Freitagabend in eine Whatsapp-Gruppe schreiben und drei daraus treffen sich dann auf einen Drink, obwohl sie wochenlang null Kontakt hatten, ich kenne aber auch welche, die hängen noch immer mit den zwei gleichen Kindheitsfreund:innen ab und lassen niemanden anderen an sich ran. Freundschaften sind so individuell wie die Personen, die sie führen, und dennoch glaube ich, dass Freundin nicht gleich Freundin ist und es nicht schaden kann, die eigenen Verhaltensmuster und Beziehungen zu hinterfragen.


Das Hirn, der kleine Troublemaker

Ich hab in letzter Zeit viel der Paartherapeutin Esther Perel zugehört, weil, naja, meine Beziehungen in der Vergangenheit nicht besonders erfolgreich waren. Egal ob wir von platonischen oder romantischen Beziehungen sprechen, es geht immer um das Geben und Nehmen zwischen zwei Menschen. Am Ende des Tages suchen wir alle nach Vertrauen, Anerkennung, Aufmerksamkeit und Liebe – und jemanden, der uns zum Lachen bringt?! :).


Perel definiert offene Kommunikation und gemeinsame Abenteuer als die wohl wichtigsten Faktoren für langlebige Beziehungen. Wer nichts von sich preisgibt und mit Emotionen spart, zeigt sich kaum, wer nichts miteinander erlebt, schafft sich keine Basis für eine stabile Verbindung. Beides funktioniert nur durch genügend Zeit miteinander und vor allem füreinander. Wenn dieser – ich nenne es mal – Klebstoff zwischen zwei Menschen fehlt, macht sich ein ungutes Bauchgefühl breit, in Wahrheit meldet sich unser Hirn, dass uns unterbewusst schon lange mitteilt, dass diese Art von Beziehung nicht genug ist.


Zeit und Abenteuer

Was bedeutet das nun aber für Freundschaften? Naja, ziemlich einfach, du musst deinem Gegenüber dein wohl wertvollstes Gut zur Verfügung stellen: deine Zeit, uneingeschränkt und vor allem regelmäßig. Natürlich können wir weder unsere Stunden des Tages vervielfachen noch uns teilen, aber wir können dezidiert wählen, wofür und mit wem wir unsere Freizeit verbringen. Ich kenne natürlich auch die zwanglosen spontane Kaffeeverabredungen, die unkomplizierten Drinks, die Shopping-Dates und die schnellen Spaziergänge – nebenbei, zwischen Terminen und zeitlich begrenzt. Das sind nette Treffen mit netten Menschen, aber im Freundschaftskosmos Tropfen auf dem heißen Stein, deren Umrisse nach kurzer Zeit verblassen.


Weißt du aber noch damals, als wir uns gemeinsam Klebstoff gemischt haben? Ich weiß noch, als wir um Mitternacht vor unserer vermeintlichen B&B-Tür standen und uns leicht beschwipst sicher waren, dass jemand die Schlösser ausgetauscht hatte, weil der Schlüssel nicht passte (falsche Hausnummer!)! Oder als wir spontan zum Italiener sind und stundenlang bei Wein und Antipasti Tränen gelacht haben! Als wir in der Hütte am Strand geschlafen haben und die kleinen Krebschen unter dem Bett kriechen hörten! Oder als wir am Gipfel viele lange Minuten gefroren haben, um endlich den Sonnenaufgang zu sehen.


Ich weiß auch, wie du mir erzählt hast, was dich gerade traurig macht und wir gemeinsam geweint haben. Oder wie ich dir erzählt habe, was ich manchmal für schlimme Dinge über mich selbst denke und du mir aufmerksam zugehört hast. Ganz besonders aber bin ich dafür dankbar, wieviel Zeit wir schon miteinander verbracht haben, wieviele nette Nachrichten du mir schon geschickt hast, wie oft du mich schon angerufen hast, weil du wusstest, dass ich einsam war, wie oft du mich schon spüren hast lassen, dass ich dir wichtig bin und wieviel dir unser Band bedeutet.

Aber ich bin auch für die flüchtigen, die zeitlich beschränkten und die gescheiterten Freundschaften dankbar, erst durch diese weiß ich meine Lieblingsmenschen, die mir wirklich nahestehen, mit denen ich die tollsten Abenteuer erlebt und die schönsten Stunden verbracht habe, noch viel mehr zu schätzen.


Mix den Klebstoff…

Also, unternimm etwas mit deinen Freund:innen, schenk ihnen deine Zeit und fangt an euer Kartenhaus aus schönen Erinnerungen zu bauen mit extra viel Klebstoff, damit ihr noch ganz lange darauf zurückblicken könnt. Ich hatte ein ganz großartiges Wochenende mit meiner Freundin, die drei Tage haben sich wie eine Woche angefühlt und wir sind mit vielen schönen Erlebnissen im Gepäck und 90er Hits im Radio wieder nach Hause gefahren.


Wenn dir jemand nicht seine Zeit und Aufmerksamkeit schenkt und du auch nicht bereit bist selbiges zu tun, ist es vielleicht nicht die Freundschaft, die ihr verdient habt. Menschen kommen und gehen, das musste ich leider mit vielen Tränen und Unverständnis auf die harte Tour lernen, aber ich habe auch begriffen, dass einseitige Beziehungen nicht gut genug für mich sind.

 

Das war ein schwerer Beitrag, PMS lässt grüßen und ich hab bei diesen Zeilen nicht nur einmal geweint. Es tut ganz schrecklich weh, wenn du bemerkst, dass die andere Seite nicht gleich viel investiert wie du und ihr an der Freundschaft nicht gleich viel liegt wie dir. Kacke, anders kann man es nicht sagen. Dennoch lohnt es sich, für neue Menschen im Leben offen zu bleiben und vor allem lohnt es sich immer, Zeit in Menschen, die einem wichtig sind, zu investieren. Und wenn nix zurückkommt, naja, dann musst du gehen, vielleicht auch zweimal oder dreimal, am Ende bleiben die Richtigen.

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