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6 Monate getrennt, ein Resümee.

Ende August habe ich mich von meiner großen Liebe getrennt, das liegt jetzt ein halbes Jahr zurück. Damals, in den ersten Wochen nach der Trennung, habe ich den heutigen Tag herbeigesehnt, in der Hoffnung, dass nach sechs Monaten der Schmerz kaum noch spürbar und die Liebe verflogen ist. Mein Resümee, die Zeit verging wahnsinnig schnell und doch viel zu langsam, es geht mir um einiges besser und trotzdem noch zu schlecht, ich bin schon recht weit, aber wäre gerne viel weiter.

 

Zeiten ändern sich, Liebeskummer auch.

Hattest du schon einmal Liebeskummer, so richtigen Liebeskummer? Ich nicht, vor dieser Trennung hatte ich drei Beziehungen, alle drei habe ich beendet, jedesmal war ich traurig, dass es zu Ende war, aber in ein Loch bin ich nie gefallen. Jede dieser Trennungen war intuitiv, nie tage- oder wochenlang geplant, und passierte aus der Situation heraus. Ich hatte einfach gespürt, dass hier ein Ende war und dass es an der Zeit war, zu gehen, weil ich nicht mehr glücklich war. Nun diese Trennung war anders, auf allen Ebenen. Ich war älter, ich war mir unserer gemeinsamen Zukunft sicher und ich war noch nie zuvor so glücklich und Hals über Kopf in einen Mann verliebt. Getrennt haben wir uns trotzdem, ich habe es vorgeschlagen, er hat zu gestimmt, gemeinsam beendet, wochenlang hatte ich dieses mulmige Gefühl im Bauch und trotzdem hat es mich überrumpelt wie nie etwas zuvor.

Die ersten Wochen waren kaum zu bewältigen, sobald ich von der Arbeit nach Hause ging, musste ich weinen, schon am Weg, laut und schluchzend. Noch schlimmer wurde es, nachdem ich ausgezogen war. Jeder Abend war eine Qual, jeden Morgen waren meine Augen verquollen, meine Wangen rot von den Tränen und mein Blick müde, von den wenigen Stunden Schlaf. Die ersten Nächte habe ich auf der Couch geschlafen, obwohl diese viel zu klein zum Schlafen war, aber ich konnte nicht alleine im Bett liegen, in dem wir so viele Nächte gemeinsam gekuschelt hatten. Die Zeit heilt alle Wunden, so oft habe ich diesen Satz gehört und mir selbst vorgesagt. Und tatsächlich, die Zeit heilt Wunden, aber wenn ich genauer hinschaue, sind die Narben noch ganz deutlich zu sehen.


Die Formel..wie lange dauert das eigentlich noch?

Gleich zu Beginn dieser Trennung hatte ich mir ein Buch gekauft: Liebeskummer bewältigen in 99 Tagen. Das hat erträglich geklungen, mit neunundneunzig Tagen konnte ich etwas anfangen, das schien machbar, bis Weihnachten sollte es mir wieder gut gehen. 99 Tage getrennt stand in meinem Kalender, am 7. Dezember, in großen Buchstaben und mit dem noch größeren Wunsch, dass ich bis dorthin über ihn hinweg bin. Der Tag kam näher, mein Liebeskummer wurde leider immer schlimmer. Neunundneunzig Tage lang habe ich jeden Tag eine Seite in diesem Buch ausgefüllt, wenn ich es jetzt ansehe, bestaune ich den langen Weg, der bereits hinter mir liegt und traue mich kaum nach vorne zu schauen, vor lauter Angst vor dem, was noch kommen könnte.


"Liebeskummer bewältigen" habe ich oft gegoogelt, auch über die 5 stages of grief habe ich gelesen: Leugnen, Wut, Verhandeln, Depression, Akzeptanz. Leider kommen diese Phasen nicht zwingend in der genannten Reihenfolge, manche können gar nicht verspürt werden, andere öfter. Alles Strategien laufen auf eines hinaus, ein Ende, das Ende von dieser bitteren Zeit nach einer Trennung. Wenn ich nur wüsste, wenn der Schmerz und die Trauer und die Verletzung vorbei sind. Auf liebeskummer.org steht sogar eine Formel, mit welcher frau die Dauer des Kummers berechnen kann. 14 Monate kommt dort bei mir als Resultat, ich bin noch nicht einmal bei der Hälfte. Klar glaube ich nicht an eine Formel, die die Dauer meines Kummers berechnen könnte, aber ganz utopisch klingt die Zahl leider auch nicht.


Was sind die positiven Seiten oder was funktioniert schon gut?

Nun, in den letzten sechs Monaten habe ich viel reflektiert und auch, mehr oder weniger durch die Pandemie dazu gezwungen, richtig viel Zeit mit mir selbst verbracht. Kurz nach der Trennung habe ich begonnen, zu einer Psychotherapeutin zu gehen, nicht unbedingt wegen der Trennung, sondern weil ich Muster an mir feststellen konnte, die mich in meinen sozialen Beziehungen hindern und mir mein Leben oft schwerer machen, als es sein müsste. Vieles wird nun aufgespannt, ich muss genau hinsehen, mich auseinandersetzen, ich darf darüber reden und manches ist schon leichter und einfacher zu akzeptieren. Auch habe ich durch diese Trennung gelernt, was mir an einer Partnerschaft und einem Partner wirklich wichtig ist und wo eigene Unsicherheiten die Überhand genommen hatten. Ich habe begonnen, sehr lieb und großzügig mit mir selbst zu sein, alles ein bisschen gelassener zu sehen und ich habe viel in mich und in mein Glücklichsein investiert, finanziell wie auch emotional. Nach einem halben Jahr weine ich nur noch sehr selten, meistens wenn Tage kommen, die zu zweit besonders waren oder ich alte Karten lese, die Fotos sind noch immer von meinem Handy verbannt. Inzwischen kann ich auch wieder gut alleine schlafen, nur die Sonntage sind noch schwer und am wichtigsten, ich habe wieder Hoffnung, dass schon alles richtig sein und Vertrauen, dass eine neue Liebe kommen wird.


Wo liegen die Baustellen oder was tut noch verdammt weh?

Naja, es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an irgendeine Szene aus unserer zweijährigen Beziehung denke, kein Tag, an dem ich mich nicht frage, wie es ihm wohl geht und was er tut und auch kein Tag, an dem ich nicht grüble, warum alles so gekommen ist, wie es nunmal kam. Abgeschlossen, nein, dass habe ich definitiv noch nicht. Wie könnte es auch anders sein, wir haben uns in diesen sechs Monaten viel zu oft gesehen, sind zu viele Stunden nebeneinander gelegen und haben uns zu viele nette Sachen gesagt. Und solange wir nicht voneinander lassen, werden meine Gedanken auch weiterhin um die Vergangenheit kreisen. Ich weiß, dass ich einfach verdammt fest Angst davor habe, endgültig loszulassen, bei diesem Absatz rinnen wieder Tränen meine Wangen hinunter. Es ist auch schon wieder so ein verflixter Sonntag, Sonntage sind einfach besonders hart. Und ich muss mich ärgern, weil ich mein Gesicht so schön eingeschmiert hatte und ich muss mich noch mehr ärgern, weil er ziemlich sicher gerade nicht weint. Das ist auch richtig schwer zu akzeptieren, dass er anders trauert und alles besser wegzustecken scheint als ich. Auch unseren Whatsapp-Chat habe ich noch nicht gelöscht und viel zu oft lese ich mir die mit einem Stern markierten Nachrichten durch und schwelge in den schönen Gefühlen von damals, schmunzle über die unzähligen Emojis und die endlosen Liebesbekundungen. Seit unserer Trennung war ich mit niemand anderem intim, nicht einmal geküsst habe ich jemanden. Seit ein paar Wochen bin ich wieder auf Tinder, aber auch dort zeigt sich ganz deutlich, dass ich noch nicht bereit bin für etwas Neues.


So viel geschafft, so viel zu tun.

Ein Resümee über dieses letzte halbe Jahr zu ziehen, ist schwierig, das nervige Gerede, dass man an jeder Trennung und an jedem Verlust wächst, stimmt, aber dass alles seine Zeit braucht, leider auch. Ich hatte gehofft, nach sechs Monaten weiter zu sein, vielleicht sind auch die ewigen Lockdowns schuld, vielleicht brauche ich einfach länger als andere, vielleicht war die Liebe noch größer als gedacht. Wenn ich meinem September-Ich Ratschläge geben müsste, dann würde ich sagen, dass es okay ist viel zu weinen, dass es okay ist anderen zu sagen, dass es mir schlecht geht, dass es okay ist viele Serien zu schauen und dass JEDE Emotion ihre Berechtigung hat und Platz braucht. Ich würde mir raten viel zu spazieren, weil das den Kopf frei macht, mich gut zu ernähren, weil ich mich dann besser fühle, mich selbst besser kennenzulernen, weil ich zu lange mit anderen beschäftigt war und ich würde mich ermutigen, nach allen Händen zu greifen, die mir angeboten werden und meinen Stolz hintenanzustellen. Mein Resümee lautet, dass Trennungen unglaublich schmerzen können, viel mehr, als ich mir je hätte vorstellen können, und dass dieser Schmerz ernst genommen werden muss. Tröste dich und lass dich trösten, es mag sich in manchen Momenten viel zu schwer anfühlen, aber es kommen auch wieder leichtere Tage, versprochen.

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