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4 Wochen alleine im Süden I: Unendliche Weiten in Portugal

  • Autorenbild: diedreißigerin
    diedreißigerin
  • 22. Nov.
  • 4 Min. Lesezeit

Während draußen der erste Schnee liegt, komme ich endlich dazu, euch von meiner Reise in den Süden zu erzählen. Es war ziemlich schnell klar, dass ich nach dem Norden der Sonne nachreisen muss und so habe ich den ersten Flug noch in Schweden gebucht. Ich war vor vielen Jahren einmal mit einem Mann ein paar Tage in Lissabon und hatte mich sofort in die Stadt verliebt, es war klar, dass ich zurückkommen musste. Portugal war eine Entscheidung von wenigen Minuten, die Intuition war wieder laut und dann geht alles wie von selbst. Diese zwei Wochen waren fast schon kitschig perfekt, ich nehm euch heute mit nach Porto, Lissabon und die Algarve.


Ein beschwerlicher Start

Nach den Abenteuern im Norden war ich erschöpft, ich war praktisch ständig unterwegs gewesen, hatte viele tausend Schritte zurückgelegt und so viel erlebt, dass mein Geist nicht ganz nachkam. Aber ich wollte dieses Mal keine Zeit verlieren und direkt nach einer Woche Zuhause weiter. In dieser Woche kam natürlich alles anders als geplant, das Leben fragt einfach nicht, ob’s und wie’s gerade passt. Mein Vater hat überraschend einen Heimplatz bekommen, am Mittwoch kam der Anruf, am Freitag sollte er einziehen. Gleichzeitig musste ich einen Tag früher nach Bologna, weil ein Gesamtstreik in Italien angekündigt war, mein Flug wurde auf einen anderen Flughafen verlegt und insgesamt wurde ich von einer Walze an Unvorhersehbarkeiten förmlich überrollt.


Frau am Strand

In einigen Momenten wollte ich das Handtuch werfen und alles absagen, aber wer abbeißt, muss auch kauen und so zog mein Vater ins Heim ein, während ich völlig übermüdet (mein Zug hatte aufgrund von Unruhen in Italien am Vorabend 5h Verspätung) am Flughafen saß und auf meinen ebenfalls viele Stunden verspäteten Flug wartete. Das waren keine schönen Stunden, auch wenn meine Mama und mein Stiefpapa mir regelmäßig Updates gegeben haben, aber die Schuld wurde wieder laut und das Gefühl nicht genügen zu können. Aber ich hab mich für mich entschieden und auch hier wieder gelernt, dass die Welt sich weiter dreht, wenn ich nicht alles im Griff habe.



Stadt, Cappu, Meer

Nun, meine Reise begann in Porto und an den ersten zwei Tagen hatte ich krasse Probleme ruhig zu werden oder Freude zu verspüren. Aber mit jedem Cappuccino, jedem Abendessen mit mir selbst und jedem Sonnenuntergang am Meer wurden die Schultern leichter und am letzten Abend war ich doch sehr wehmütig Porto wieder verlassen zu müssen. Städte sind immer gut, um den Geist abzulenken, viel sehen, viel erleben, viele Menschen – wenn es um mich herum laut wird, wird es in mir leise.



Lissabon, meine zweite Station, war gefüllt mit schönen Erinnerungen, neuen Eindrücken und viel gutem Essen und noch mehr Pastéis de Nata. Ich hab dort wirklich tolle Restaurants und Cafés entdeckt und viele Stunden mit Recherche und Weiterplanung meiner Reise verbracht. Die letzte Woche wollte ich ruhig verbringen, ganz im Süden und nur für mich, die Algarve ruft schon lange nach mir, ich kenne die fast 40 Jahre alten Fotos meiner Mama von dort, den rötlichen Sand und die atemberaubenden Buchten.



Unendliche Weiten & leichte Schultern

Genauso wie ich es mir vorgestellt hatte und noch viel schöner war dieses besondere Fleckchen Erde. Nachdem ich mein Mietauto geholt hatte, bin ich mehrere Stunden, bewusst nicht auf der Autobahn, durch das überraschend grüne Hinterland gedüst, praktisch alleine auf der Straße und hab dem blauen Himmel zufriedene Blicke zugeworfen. Unten angekommen ging’s sofort an den Strand, ich hatte schließlich einen Sonnenuntergang zu erleben und diese unendliche Weite dort hat mich die darauffolgenden Tage noch berührt.



Tja, was soll ich sagen, ich hab gechillt was das Zeug hält, bin stundenlang in diesen wunderschönen Buchten gelegen, hab jeden Sonnenuntergang zelebriert, jedes Abendessen im Freien genossen, hab den südlichsten Punkt Europas erkundet und schlicht und einfach die Seele baumeln lassen. Diese Tage, vor allem die letzten drei in Faro, waren so unbeschreiblich schön, dass ich nicht nur einmal geweint habe. Ich mit mir, obwohl es rundherum leise wurde, sind die Monster in ihrer Truhe geblieben, ich hab nicht gezweifelt, nicht gegrübelt und schon gar nicht meine Entscheidung, diese Auszeit zu nehmen, infrage gestellt. Manchmal fühlt es sich einfach richtig an, sehr selten eigentlich, aber wenn es das tut, gilt es dieses Gefühl ganz fest zu halten und in ein Marmeladeglas zu stecken, damit frau noch ganz oft darauf zurückschauen kann.


Frau am Strand

Ich hab in diesen zwei Wochen Portugal keinen Sport gemacht, kein Yogastudio besucht, kein Museum abgeklappert und keine Erwartungen an mich gestellt. Alles, was ich eigentlich vor hatte, ist nicht passiert, ich wollte mich einfach treiben lassen, in den Tag hineinleben und diesen Stress, der in den letzten Monaten und Jahren ein fixer Teil meiner Persönlichkeit geworden ist, wie so ein kleiner Parasit, aushungern lassen. Stellt sich raus, es geht auch ohne.


Portugal wird mich wieder sehen, ich habe dort ein Stückchen Heilung gefunden.


Stellt sich ebenfalls raus, dass mir richtiges Abschalten nur im Ausland gelingt. Ich hab die Befürchtung, dass ich mir das auf Dauer nicht leisten kann und dringend Strategien entwickeln muss, um meinen Geist auch Zuhause zum Schweigen zu bringen. Diese ständigen Erwartungen und endlosen Aufgabenlisten zermürben mich maßlos und ich könnte mich endlos über mich selbst ärgern, es bringt nur nix.


Fast täglich wische ich durch meine Portugalbilder, versuche die Sonne auf meiner Haut und den Sand unter meinen Füßen zu spüren, dem Alltag zu trotzen, der nicht wirklich einer ist, und trotzdem so viele Hürden nach mir geschmissen hat in den letzten Wochen. Langsam kann ich nachvollziehen, warum Menschen alleine auswandern, sich auf einer Insel verkriechen und diesem System den Rücken zuwenden. Nächste Woche muss ich die Wohnung meines Vaters ausräumen, mich plagen finanzielle Ängste, die davonlaufende Zeit sitzt mir in den Knochen und meine Familie ist im Moment gleichermaßen Halt wie auch Herausforderung. Tja, es bleibt ein auf und ab, aber nächstes Mal nehm ich euch ein letztes Mal in den Süden mit, ein bisschen Sonne an düsteren Tagen schadet nicht.


Ich hoffe, dass ihr die langen Abende auf der Couch genießt, euch schon die ersten Kekse zu Gemüte führt und vielleicht das eine oder andere Abenteuer (alleine) plant.


Strand

2 Kommentare


Gast
vor 6 Tagen

Ich weiß genau, was du mit dieser Weite meinst, Portugal ist einfach der Wahnsinn! Schön, dass du dort zur Ruhe gekommen bist! 🥰

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Gast
vor 7 Tagen

Wie schön sind diese Fotos bitte!!!!! 😍😍 du strahlst! 🔥

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