3 Tage Mailand & zurück zu alten Traditionen!
- diedreißigerin
- 26. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 29. Apr.
Ein letztes Mal erzähle ich es noch und dann ist gut: Ich wurde vor ein paar Wochen ohne Vorwarnung abserviert, kurz vor meinem Geburtstag und mit allerlei Plänen einfach stehen gelassen. Tja, so ist das manchmal und ich kann es drehen und wenden wie ich will, es hat ordentlich geschmerzt und ziemlich an meinem Selbstwert genagt. Meine Mama hat dann spontan (naja, wir reden seit Jahren davon) vorgeschlagen, dass wir nach Mailand fahren könnten und wenige Tage später haben wir die Tickets und das Hotel gebucht. Der ursprüngliche Plan war über Ostern mit dem Mann wegzufahren, ich wollte ihn überraschen (haha) und hatte bereits etwas gebucht, einmal storniert und re-arrangiert, es wurde ein Mutter-Tochter-Trip.
Alte Traditionen & neue Erinnerungen
Meine Mama und ich sind vor Corona und vor meiner letzten langen Beziehung viele Jahre ein paar Tage miteinander weggefahren, immer in eine neue Stadt, immer mit schönen Erinnerungen im Gepäck. Die Pandemie hatte alles aufs Eis gelegt und irgendwie ist das Leben danach dazwischen gekommen. Das letzte Mal waren wir 2018 in Ljubljana und obwohl wir die vergangenen Jahre oft davon geredet hatten, ist nie etwas zustande gekommen. Dieses Mal hat meine Mama schnell und bestimmt gehandelt, sie hatte meinen Kummer gesehen und aus einer kleinen Nachricht wurde ein in Stein gemeißelter Plan.

Ich bin eine große Verfechterin von Traditionen, nicht von alt verstaubten Denkmustern, sondern von kleinen Ritualen, die sich wiederholen und die das Leben ein wenig süßer machen. Ich liebe die Freitagabende im Wintergarten mit meinen Eltern, jedes Jahr freue ich mich auf den Weihnachtsausflug mit meiner Bestie, nach jeder Therapiestunden am Morgen gibt’s ein frisches Croissant – Traditionen & Rituale müssen weder groß noch aufwendig sein, aber sie geben dem oft grauen Alltag einen schönen bunten Rahmen.
Mami-Miri-Zeit
Die letzten Wochen waren nicht einfach und die ersten Tage der Osterferien waren ein kleiner Kampf mit mir selbst. All meine Freundinnen waren nicht greifbar und gepaart mit PMS des Todes hat mich eine Welle an negativen Gefühlen und Zweifeln überrollt. Als dann endlich der Donnerstag da war und ich mich in den Zug setzen konnte, sind meine Schultern etwas leichter und meine Laune etwas besser geworden. Nun, ein paar Tage nur meine Mama und ich, das gab’s schon lange nicht mehr und ich war mir ehrlicherweise nicht ganz sicher, ob das gut gehen würde.
Ich bin nicht mehr annähernd die Tochter, die ich vor 7 Jahren war, in der Zwischenzeit haben wir viele Kämpfe und schwierige Diskussionen durchlebt. Aber ja, es war Dolce Vita, anders lässt es sich nicht sagen und diese Tage nur zu zweit waren von vorne bis hinten schön. Wir sind durch die Straßen spaziert, haben uns den Dom und die Scala angeschaut, sind durch Museen geschlendert, haben Unmengen an Cappuccino getrunken und sind abends immer fein Essen gegangen – sogar das Wetter hat mitgespielt. Ich hab in diesen Tagen kein einziges Mal an Zuhause gedacht und konnte großteils die Themen, die mich in letzter Zeit beschäftigt haben, ausblenden. Italien ist natürlich nicht spurlos an mir vorbei und so sehr ich es mir anders wünschen würde, die Bilder aus dem gemeinsamen Urlaub mit ihm sind trotzdem immer wieder aufgetaucht. Manchmal liegen Freude und Kummer sehr eng beieinander.
OG Fangirl
Auch wenn der ursprüngliche Plan ein anderer war, ich möchte diese Zeit mit meiner Mama nicht missen und hoffe sehr, dass wir diese Tradition auch in der Zukunft aufleben lassen. Ich kann meinen Eltern und speziell meiner Mama vieles vorwerfen, meine Kindheit war nicht rosarot und an manchen Dingen habe ich noch heute zu knabbern, aber eines ist mir klarer denn je: Sie wollte und will immer nur das Beste für mich. In meinen Dreißigern ist mir bewusst geworden, dass sie immer in der ersten Reihe sitzt und am lautesten applaudiert, bei verrückten Ideen begeistert nickt, wenn’s mir schlecht geht, täglich anruft, bei Bitten niemals nein sagt und bei meinen Erfolgen die größte Freude hat. Vielleicht war sie schon immer ein bisschen mehr Freundin als Mutter, auch wenn ich es mir früher anders gewünscht hätte, vielleicht bin ich gerade deshalb oft mutig, weil ich weiß, dass sie hinter mir steht, egal was kommt.

Mutter-Tochter-Beziehungen sind schwierig, keine Frage, aber sie haben auch so viel Potenzial, das oft nicht genützt wird. In einer Welt, in der Männer den Ton angeben und eine Ungerechtigkeit der nächsten folgt, gilt es aufeinander zu schauen und einander Kraft zu geben anstatt zu rivalisieren. Es ist viel zu einfach, auf die eigene Mutter wütend zu sein und ihr die Schuld für alles zu geben, ihr zu unterstellen, dass sie es viel leichter hat und keine Ahnung von meinem Leben hat, aber in Wahrheit führt jede Generation von Frauen ihre eigenen Kämpfe und nur weil es anders ist, heißt es nicht, dass es weniger herausfordernd war. Wenn ich meine jungen Schülerinnen mit all ihren Privilegien und Möglichkeiten sehe, frisst mich hin und wieder der Neid, es ist nicht immer schön auf der Bank zu sitzen und zuzusehen, aber ein Teil vom Erfolg anderer Frauen zu sein und ihnen zuzujubeln? – 10/10 recommend.
Ich habe im Moment keine leichte Zeit, nach wie vor nicht. Wenn ich ehrlich bin, kann ich nicht genau sagen warum, irgendwas arbeitet ununterbrochen in mir und ich weiß noch nicht genau, was mich so beschäftigt und warum ich mich dauernd unruhig fühle. Die Aufbruchsstimmung, die ich vor ein paar Wochen so deutlich gespürt hatte, hat sich in Panik und Rastlosigkeit verwandelt, es ist mühsam und kräftezehrend und ich habe alle Hände voll zu tun, dass ich nicht in alte Muster falle und verzweifelt nach jemandem (naja, ihm) greifen möchte.
Freie Tage sind immer ein zweischneidiges Schwert, zu viel Zeit führt bei mir immer zu überhöhten Erwartungen, endlosen Listen, andauernder Prokrastination, Lethargie und anschließender Enttäuschung. Aber es sind auch Dinge gelungen, ich hab ihn nicht angerufen und ich hab versucht, mir kleine Bojen wie Spaziergänge, Lieblingsserien, Yoga und Schreiben in meinen Ferienalltag einzubauen. Den Ostermontag hab ich ganz mit mir selbst verbracht, es war nicht leicht aber machbar. Meine Mama hat übrigens das Osteressen mit Oma boykottiert, weil ich nicht eingeladen war - sag ja: OG Fangirl. <3
So schön geschrieben 🥹
❤️❤️