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35 und zurück im Kinderzimmer!

Eine Sache, der ich mir hundertprozentig sicher war? – dass ich nie wieder nach Hause zu meinen Eltern ziehe. Tja, joke's on me, hier bin ich, nächste Woche bereits zarte 35 und seit einigen Monaten zurück in meinem Kinderzimmer. Im August hatte ich meine Garconniere in Innsbruck gekündigt und bin mit meinen sieben(hundertachtundfünfzig) Sachen in meine alten vier Wände eingezogen. Seitdem ist viel passiert, ich war unterwegs und hab mir die Welt angeschaut, aber seit einigen Wochen bin ich bei meiner Alltagsroutine inklusive Arbeit angekommen und so mussten wir uns auch in unsere altbekannte aber doch sehr neue Wohngemeinschaft einleben.

 

Echt, zu deinen Eltern?

Viele im Bekannten- und Freundeskreis haben mich ungläubig angesehen, als ich erzählt habe, dass ich auf unbestimmte Zeit zu meinen Eltern aufs Land ziehen würde. Für mich war das die logische Konsequenz und etwas, worüber ich mir im Vorfeld keine Gedanken gemacht hätte. Ich mag meine Eltern, wir sind nicht immer einer Meinung und wir geraten auch einmal aneinander, aber wir haben ein ausgezeichnetes Verhältnis zueinander und sie waren in den letzten Jahren, in denen ich wirklich zu kämpfen hatte, meine wohl größte Stütze, meine Base, meine Gang.


Als ich ihnen letztes Frühjahr unterbreitet hatte, dass ich mir eine Auszeit nehme, 5 Monate um die Welt reise und zudem im Sommer zurück zu ihnen ziehe, haben sie kurz geschluckt, aber sie haben mich auch mit offenen Armen willkommen geheißen. Ich hatte, bevor ich mit meinem Ex zusammengezogen war, viele Jahre in einer netten Garconniere in meinem Elternhaus gewohnt, das hat immer super funktioniert, weil es zwei getrennte Wohnungen waren und beide Parteien ihren eigenen Haushalt hatten.


Mein neues altes Zuhause.

Diesmal wurde es etwas kuscheliger, ich hab nämlich bis auf mein Gewand und meine Toilettesachen keinen Karton ausgepackt, meine Möbel hatte ich verkauft und so schlafe ich nun im Gästezimmer – das ehemalige Kinderzimmer meines Bruders. Meine frühere Graconniere haben wir schnell eingerichtet, ich nutze das Bad dort und auch den Wohnraum mit Schrank und Schreibtisch, aber Bett oder ausgestattete Küche gibt es nicht. Das war in den ersten 5 Monaten überhaupt kein Thema, weil ich praktisch nur unterwegs war, seit Mitte Jänner leben wir aber wirklich neben- und miteinander und das funktioniert überraschend gut.   



Ups and Downs!

Hab ich gute und schlechte Tage? Japp, en masse, aber in erster Linie, weil ich mit meinem Selbstbild zu kämpfen habe. Es gibt tatsächlich Schöneres als zu erzählen, dass frau mit 35 wieder zuhause wohnt, aber auf der anderen Seite ist es auch ein enormes Privileg, ein Zuhause zu haben, das immer offen steht. Es ist nicht mehr so wie früher, ich bin – so behaupte ich zumindest – nicht in die Kindrolle reingerutscht. Manchmal geh ich einkaufen oder koche, dann übernehme ich den Geschirrspüler etc., wirklich wie eine WG, nur dass ich keine Miete zahle. Natürlich sind wir hin und wieder voneinander genervt, aber es ist genauso schön abends zusammenzusitzen oder gemeinsam einen Film zu schauen.


Was mir wirklich zugesetzt hat, ist das Landleben. Es macht mich unglücklich, wenn ich zu lange von der Stadt und meinen Freundinnen entfernt bin, ich hasse das Pendeln zur Arbeit und meine Motivation abends noch einmal loszufahren, liegt bei Null.


Blick von der Terrasse.

Sehr schön ist natürlich die Natur, die Stille und die idyllischen Spaziergänge rundherum. Ich quatsche fast täglich mit meiner ältesten Freundin, die gleich nebenan wohnt, und genieße diese extra Zeit mit meinen Eltern, die wohl jetzt endgültig nie mehr kommt. Jeden Sonntag kommen uns die süßesten Babyfüßchen besuchen und es ist unglaublich toll, meiner kleinen Nichte so hautnah beim Weltentdecken zuzusehen.



Und jetzt?

Tja, jetzt ist das Ende in Sicht. Diese Woche hab ich die Schlüssel bekommen zu meinem Eigenheim und in den nächsten Wochen werde ich ausziehen. Das ging schneller als gedacht und die Vorstellung, wieder alleine zu wohnen, fühlt sich auch ein bisschen mulmig an, aber ich freue mich sehr. Es steht viel Arbeit an, meine Gedanken tanzen gerade regelmäßig Limbo und die Angst, falsche Entscheidungen in dieser neuen Wohnung zu treffen, sitzen mir ebenfalls im Nacken.


Bestesten Babyfüßchen.

Aber, und das kann ich nur immer wieder betonen, mit den richtigen Menschen im Leben (und der einen oder anderen Therapiestunde), ist jede Hürde zu meistern und im Moment steh ich mir nur wieder selbst am meisten im Weg, weil es halt nicht so ist, wie ich es mir immer vorgestellt hatte: Kein Mann, kein geteiltes Eigenheim, keine gemeinsamen Entscheidungen – alles meins, auch schön.

 

Was ich eigentlich sagen möchte: Es gibt keine richtige oder falsche Timeline. Lass dich nicht unter Druck setzen von Erwartungen, die eine Gesellschaft an dich stellt, von Freund:innen, die Mann, Kinder und Haus haben und schon gar nicht von deinem Alter, das eh einfach voranschreitet, egal ob du dich ärgerst oder nicht. Manche lassen sich mit Anfang dreißig scheiden, andere haben zum ersten Mal eine Beziehung, einige finden mit zwanzig die Liebe, andere mit fünfzig. Das ist weder fair noch irgendwie erklärbar, aber es ist eben so. Du bist du und du gehst in deinem Tempo auf deinem Weg. Das ist manchmal echt schwierig, wenn es sich anfühlt, als ob alle anderen an dir vorbeiziehen würden, aber es lohnt sich, hin und wieder stehen zu bleiben, sich umzusehen und den Ist-Zustand zu genießen. <3

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