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Von Bologna nach Florenz: 6 Tage alleine auf der Via degli Dei unterwegs!

  • Autorenbild: diedreißigerin
    diedreißigerin
  • 21. Juni
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 30. Juni

Im letzten Beitrag hatte ich es schon ein wenig verraten, ein kleines oder doch sehr großes Abenteuer hat auf mich gewartet, aber kurz zur Vorgeschichte. Meine Eltern haben vor ein paar Jahren eine Radtour nach Florenz gemacht und mir damals von der Straße der Götter vorgeschwärmt, woraufhin ich ein paar Reiseblogs und Reels dazu geschaut und für mich beschlossen hatte, dass ich diese Wege auch einmal bestreiten möchte. Nun, wie das eben oft so ist, sind die Pläne groß, das Leben kommt leider dazwischen und die Zeit vergeht rücksichtslos. Dieses Jahr war sowieso extrem chaotisch, so kenn ich mich sonst gar nicht, aber vielleicht hat’s genau dieses Chaos gebraucht, um die Prioritäten neu zu sortieren. Ich will nicht nur leben sondern erleben und endlich Punkte von meiner Bucket List streichen, also ging‘s kurzerhand mit vollgepacktem Rucksack ab nach Bologna und rein in ein riesiges Abenteuer: 135km alleine zu Fuß entlang der Via degli Dei durch Emilia Romagna und die Toskana.


Etappe 1: ABSCHALTEN – Bologna nach Brento

Nach einer schlaflosen Nacht ging es bereits um 7 Uhr morgens am Porta Saragozza für mich los, hinauf zur schönen Kirche und dann entlang des Reno bis hinauf zum Monte Baldo. Dieser erste Tag war krass, mental wie auch körperlich, ich war so nervös, ob ich das alles schaffen würde, aber mit jedem Kilometer wurde der Kopf freier und ich kam näher an meine physischen Grenzen. 29 Kilometer und viele hundert Höhenmeter war diese erste Etappe lang, der Gipfel am Schluss gepaart mit 33 Grad hat mir den Rest gegeben und bereits beim Abendessen im wunderschönen Garten meines B&B war ich ganz weit weg von jeglichem Alltag und selbstsicher, dass diese Wanderung mein schönstes Abenteuer werden würde: ein freier Kopf, ein mutiger Geist.




Etappe 2: AUFARBEITEN - Brento nach Madonna dei Fornelli

Auch den darauffolgenden Tag habe ich früh bestritten, mein Schlüsselbein und meine Hüften waren zwar blau vom Rucksack, aber den Füßen ging es den Umständen entsprechend gut. Etappe zwei war viel bergauf in der prallen Hitze und schon nach den ersten Kilometern haben sich die ersten Streitgespräche im Kopf entwickelt. Mir fallen dann immer die absurdesten Situationen ein, Diskussionen, die ich gerne geführt hätte, Ansagen, die ich gerne gemacht hätte, nicht nur ein Ex hat sein Fett abbekommen und mit jedem Schritt bergauf wurde ich wütender über all die Ungerechtigkeiten, die ich mir in den letzten Jahren von Männern bieten lassen musste. Das aufkommende Gewitter und der laute Donner haben meine Gedanken gut widergespiegelt. Gehen bringt Gedanken in Bewegung und manchmal wollen ein paar Situationen überarbeitet werden, auch wenn’s nur fiktiv ist.




Etappe 3: LOSLASSEN – Madonna die Fornelli nach Santa Lucia

Die dritte Etappe war hart, es hat die vollen 5 Stunden, in denen ich unterwegs war, geschüttet und auf 1200 Höhenmetern wurde es dann auch bitterkalt. Ein kleiner Wetterumbruch, mit dem ich nicht gerechnet hatte und der auch nicht prognostiziert war, wollte mir ein bisschen den Tag vermiesen, aber mehr als nass konnte ich nicht werden und die Toskana im Nebel sowie die schnell vorbeiziehenden Wolken hatten fast etwas Magisches. Das Wetter lässt sich leider nicht kontrollieren, das muss auch ich jedesmal wieder neu lernen, und anstatt mir die Laune vermiesen zu lassen, habe ich es mit Humor genommen und die dicken Tropfen als kathartische Reinigung angenommen. Naja, kurz hab ich ein bisschen mitgeweint, weil mir so kalt war, aber insgesamt konnte ich ein paar aufgestaute Emotionen loslassen. Zur Versöhnung gab’s dann eine extra schöne Unterkunft mit Prinzessinnenzimmer und Pool. Halbzeit.




Etappe  4: TRÄUMEN – Santa Lucia nach San Piero a Sieve

Nachdem die letzten drei Tage sehr herausfordernd waren, hab ich die vierte Etappe etwas später losgehen lassen und den Vormittag nach einem feinen Frühstück am Pool verbracht. Halbzeit-Blues ist ein Phänomen, das ich gut von mir kenne. Zuerst hab ich immer Angst, dass ich auf meinen Soloreisen vereinsame und sobald die Hälfte um ist, werde ich wehmütig, weil bald alles wieder vorbei ist. Dieser Tag in der Toskana war etwas Besonderes, mir ist auf der gesamten Route keine Menschenseele begegnet und es ging stetig durch die Wälder und schönsten Landschaften bergauf und bergab. Das hatte fast etwas Meditatives und so richtig kann ich mich and die Route gar nicht mehr erinner, weil ich so in meinen Gedanken verloren war. Ich hab mir die größten Luftschlösser gebaut und die verrückteste Zukunft ausgemalt, hab groß geträumt und mich von jeder noch so absurden Idee begeistern lassen.




Etappe 5: HOFFEN – San Piero a Sieve nach Olmo

San Piero war nicht ganz mein Vibe, also ging es recht früh weiter in Richtung Olmo. Etappe fünf war vermutlich die schönste und abwechslungsreichste, die Toskana ist einfach ein Träumchen und ich konnte mich gar nicht satt sehen an all den Zypressen und alten Steinhäusern. Dieser Tag war sehr hoffnungsvoll, irgendwie muss ich drauf vertrauen, dass schon alles richtig ist und ich genau dort bin, wo ich sein sollte. Ich wünsche mir noch einiges für mein Leben, hoffe auf große Abenteuer, wagemutige Entscheidungen und erfüllende Momente, aber neben der Hoffnung hat sich auch schon die Gewissheit eingefunden, dass ich Regie führe und selbst Verantwortung für meine Tage, Wochen und Jahre übernehmen muss und darf. Ich kann nicht steuern, was in der Zukunft auf mich zukommen wird, aber ich kann gestalten und das fühlt sich sehr schön an.




Etappe 6: ANKOMMEN – Olmo nach Florenz

Der letzte Morgen ist dann doch etwas wehmütig gestartet, die letzten 20 Kilometer vor mir, das letzte Mal fernab von der Zivilisation, das letzte Mal den Wegen und Hügeln entlang bis hin nach Florenz. Diese Stunden waren mit sehr viele Freude, Stolz und Dankbarkeit gefüllt. Mein Körper und mein Geist haben viel geleistet in dieser Woche, zeitweise war ich wirklich an meinen Grenzen, aber ich hab alle Hindernisse überwunden und als ich zum ersten Mal den Dom in der Ferne gesehen habe, sind auch schon die Tränen geflossen. Eine Stunde später stand ich vor ihm und mein breites Grinsen hat verraten, wie toll sich dieses Ankommen angefühlt hat. Nicht nur ein Ankommen in einer meiner Lieblingsstädte, sondern auch ein Ankommen bei mir, ein Gefühl von Zufriedenheit und Einklang mit mir selbst.



Und dann? – dann hab ich in mein schmuckes Zimmer eingecheckt, ewig lange geduscht, mir einen deliziösen Cappuccino mit Mandelgepäck, ein Eis in meiner liebsten Gelateria und ein neues Schmuckstück gegönnt. Jedes Mal wenn ich auf mein rechtes Handgelenk schaue, werde ich mich daran erinnern, dass ich mutig bin und alles schaffen kann, was ich mir in den Kopf setze.


Tja meine Lieben, jetzt ist es gerade acht Uhr abends, der Aperol steht neben mir und wenn ihr das morgen lest, bin ich gerade am Weg zurück nach Innsbruck. In einer Stunde habe ich einen Tisch im Restaurant um die Ecke, das schwarze Kleid ist natürlich im Rucksack dabei, nur bei den Schuhen muss ich Abstriche machen.


Ich weiß gar nicht so recht, wie ich diesen Beitrag beenden möchte, aber ich will dich ermutigen – vor allem dich liebe Singlefrau in den 30ern – deine Pläne nicht aufzuschieben und nicht zu warten, bis jemand kommt, um dein bestes Leben zu führen. Manchmal muss es sich ein wenig gruselig anfühlen, um gut zu werden. Vor vier Jahren bin ich das erste Mal alleine verreist, vier Tage in Florenz. Das hat damals sehr viel Überwindung gekostet, heute schaue ich zurück und muss schmunzeln, weil ich inzwischen so vieles alleine erlebt habe, was damals undenkbar war. Ich sag‘s immer wieder: Babysteps.


Natürlich war ich nicht ganz alleine, meine Eltern waren jeden Tag via Live–Tracking dabei und haben mich angefeuert, meine Freundinnen haben mir motivierende Nachrichten geschickt und abends habe ich immer einen kurzen Anruf von Zuhause bekommen. Das hat sich sehr schön und wohlig angefühlt.


Alleine zu wandern, vor allem in Italien, kann ich uneingeschränkt empfehlen, ich hatte die tollste Zeit mit mir selbst und zu gehen ist die beste Therapie überhaupt. Natürlich war ich auch wieder eine Exotin als alleinwandernde Frau, aber ganz ehrlich, wen juckt‘s, ich war heilfroh, dass ich mein Tempo selbst bestimmen konnte und meine Gedanken nur mir gehörten. Die Ausnahme war eine Frau in ihren Siebzigern, die mir am ersten und am letzten Tag begegnet ist, das hat sich fast ein bisschen schicksalhaft angefühlt und mir dann ein wenig zu denken gegeben.


Ist der Weg das Ziel oder ist doch das Ziel der Weg? So oder so, losgehen lohnt sich.

댓글 4개


게스트
6월 30일

Wie toll, dass du das gemacht hast! Richtig großartig, du bist eine Inspiration für mich!! 😍

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diedreißigerin
diedreißigerin
vor 5 Tagen
답글 상대:

Vielen lieben Dank! 💕

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게스트
6월 22일

Liebe Mirjam ❤️

Gratuliere zu dieser

tollen Wanderung und Leistung.....sooooo mutig und stark. Wenn man die Zeilen liest möchte man am liebsten sofort zusammenpacken und losziehen.😍

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diedreißigerin
diedreißigerin
6월 30일
답글 상대:

Vielen lieben Dank für die netten Worte. Pack den Rucksack und auf geht's! 💕

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