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Red Flags & Prosecco Rosé

Die Sonne scheint, die Vöglein zwitschern, der zweite Cappuccino steht am Tisch, ich hab volle acht Stunden geschlafen und die Welt liegt mir zu Füßen. Vielleicht ist es der erhöhte Vitamin D Spiegel (ich supplementiere seit 3 Wochen, weil ich laut Blutanalyse einen Mangel hatte), vielleicht die aktuelle Ovulationsphase (wir wissen leider alle, was danach kommt) oder vielleicht ist es einfach ein weiterer Meilenstein in meiner persönlichen Entwicklung: Ich bin gerade sehr im Reinen mit mir selbst und – trotz so mancher Missstände im Außen – richtig glücklich im Inneren. Deshalb soll es heute um Red Flags gehen, die wir besonders gut identifizieren können, wenn wir uns selbst wertschätzen und unbesiegbar fühlen. Und um Prosecco Rosé, aber dazu später, zuerst wollen wir gemeinsam unser bestes Ich backen.

 

Der Boden: die stabile Basis

Die Dreißiger sind dazu da, um sich selbst kennenzulernen, praktisch wie eine lange Therapiestunde, in der frau immer wieder etwas Neues über sich entdeckt. Ich war in meinen Zwanzigern so getrieben von Zielen und Erwartungen, dass ich gar keine Zeit hatte, auf mich selbst zu schauen und stattdessen meinen Blick immer nur nach vorne und auf andere gerichtet hatte.


Wie entsteht also eine stabile Basis? Selbstfürsorge! Jaja, ich weiß, dieses Wort haben wir alle schon zu oft gehört und niemand weiß genau, was damit gemeint ist, aber es lässt sich wortwörtlich verstehen: Sorge dich um dich selbst. Vor ziemlich genau drei Jahren bin ich in meine derzeitige Wohnung gezogen, ich war frisch getrennt, hab meine Abende weinend auf der Couch verbracht und war fest davon überzeugt, dass ich erst wieder glücklich sein kann, wenn jemand in mein Leben kommt und mich wieder ganz macht. Wenn ich die Zeilen aus dieser Zeit lese, muss ich heute noch weinen, weil es mir unglaublich leid tut, wie schwer ich es damals hatte. Das war der Beginn meiner Single-Dreißiger, weiter unten hätte ich nicht starten können.



Stück für Stück hab ich mich dann um mich gesorgt und wieder kennengelernt, angefangen bei ganz banalen Dinge wie einem guten Frühstück am Sonntag über etliche Therapiestunden, Solo-Spaziergänge bis hin zu Mini-Urlauben allein und schlussendlich einem Wohnungskauf. Ich musste wiederfinden, was mir entspricht, was mich glücklich macht und realisieren, was ich mir von meinem Leben wünsche, nur ich, ohne jemanden anderen. Zu begreifen was du brauchst, ist der erste Schritt, danach zu handeln ist die andere Sache. Es braucht Übung und Geduld. Es fällt mir nach wie vor schwer, mir an einem Sonntag abends Sushi nur für mich zu holen, bei einem Spaziergang die schöne Unterwäsche zu tragen, allein ins Openair-Kino zu gehen oder viel Geld für einen Me-Time-Trip auszugeben, aber ich hab’s verdient und ich muss nicht auf jemanden warten, um mein bestes Leben zu leben.


Hier gilt es die eigenen Red Flags auszumerzen: Nein, ich bleibe nicht zuhause, nur weil niemand Zeit hat! Nein, ich esse nicht nur ein Brot auf der Couch, sondern koche mir etwas Gutes! Nein, ich swipe nicht auf Tinder, um mir Bestätigung von außen zu holen. Nein, ich rutsche nicht wieder in die gleiche Situation, ich weiß es besser! Ja, ich trinke auch allein Prosecco Rosé und genieße den lauen Sommerabend! Ja, ich habe nur das Beste verdient und kümmere mich selbst darum, es zu bekommen.


Wenn dieses Bewusstsein einmal da ist und du dich Babystep für Babystep vortastest, dann hast du einen richtig schön aufgegangen Kuchenboden, der hervorragend ohne Creme und Deko auskommt. Es ist anstrengend, es ist harte Arbeit, aber am Ende ist es so viel schöner, als ich es mir je erwartet hätte. Mir sind damals, so schwer es auch war, die Lockdowns sehr zugute gekommen, weil ich gar keine andere Wahl hatte, als mich mit mir selbst auseinanderzusetzen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Selbstfürsorge vor allem im Alleinsein wachsen kann.


Die Creme: das süße Rundherum

Nun, wenn die Basis stimmt, ist es die Creme, die sorgfältig geschlagen und ausgesucht gehört. Magst du Schoko oder Erdbeer, mit Stückchen oder glatt, extra luftig sahnig oder doch so richtig üppig? Familie, Job und Freundschaften, die drei Säulen, die maßgeblich dein Leben und dein Glück mitbestimmen. Auch hier gilt es zu evaluieren, Red Flags zu identifizieren und Selbstfürsorge walten zu lassen.


Familie kann frau sich nicht aussuchen, wie ihr mitbekommen habt, hatte und habe ich es in diesem Bereich auch schwer. Ich kenne viele, die mit ihren Eltern zu kämpfen haben und auch einige mit Bilderbucheltern, so ist das eben. Meine Eltern hab ich erst in den Dreißigern mit Dingen konfrontiert, die schon lange schmerzen, das ist weder spaßig noch trägt es zu einer guten Stimmung bei, aber es ist so wichtig, die eigenen Gefühle anzuerkennen und auszusprechen. Wir haben als Generation das Privileg, aus diesen starren Mustern ausbrechen zu können und nicht mehr vor der Familie als Persönlichkeit verschwinden zu müssen. Na und, dann ist die Verwandtschaft eben beleidigt und lästert über deinen Lebensstil, who cares?! Familienmitglieder, die Red Flags auf der Stirn tragen, haben in deinem Leben keinen Stellenwert verdient, ebenso wenig wie Kolleg:innen in der Arbeit, die ein unwohliges Gefühl auslösen.



Und dann, mein Lieblingsthema: Freundschaften. Für mich sind meine Freund:innen die perfekten Blaubeeren in meiner Sahne-Vanille-Creme. Ich hab die tollsten Frauen und Männer in meinem Leben, richtige Cheerleader:innen, die hinter mir stehen, mir sagen, dass ich wertvoll und genau richtig bin. Manche höre und sehe ich wöchentlich, andere nur alle paar Monate, aber alle sind großartig. Viele Freundschaften sind zerbrochen in den letzten Jahren und das ist auch in Ordnung, weil das Bauchgefühl schon lange gesagt hat, dass etwas nicht mehr passt, du musst nur drauf hören.


Nein, ich komme nicht zur Hochzeit des Cousins! Nein, ich gehe nicht mit zum Mittagessen. Ja, ich kann aushalten, wenn sich andere vor den Kopf gestoßen fühlen. Nein, ich brauche keine Gespräche, nach denen ich mich schlecht fühle. Ja zu allen, die sich nach Zuhause anfühlen, ja zu Prosecco Rosé mit Herzensmenschen.


Die Dekoration: das gewisse Extra

Eigentlich wäre unser Kuchen jetzt fertig, der fluffigste Boden und die beste Creme, was braucht es noch? Ok, vielleicht noch die Kirschen auf dem Sahnehäubchen? Das sage ich jetzt nur, weil die Redewendung nunmal so heißt, nie und nimmer würde ich Kirschen auf meine perfekte Blaubeer-Vanille-Creme setzen. Die Deko, die Verzierung, die Streusel, der Glitzer: romantische Beziehungen.


Was ich früher als das einzig wahre Ziel und mit Abstand Wichtigste in meinem Leben empfand, war eine Beziehung, ein Mann, der mein Leben füllt, die schwierigen Zeiten leichter, die einsamen Stunden wohlig macht und alles mit mir teilt, durch dick und dünn. Den einen eben, den es zu finden und zu heiraten gilt, mit dem Babys in die Welt gesetzt, Wohnungen gekauft und später Altersheimplätze geteilt werden. Alles war darauf ausgerichtet, jemand der mich liebt, jemand zum Ankommen, jemand, mit dem mein Leben ENDLICH anfangen kann. Spoiler, kein Mann der Welt kann Wunden heilen, die in der Vergangenheit liegen und keine Beziehung kann die Arbeit an dir selbst ersetzen. Eher das Gegenteil, meine Beziehungen hatten erfolgreich dabei geholfen, in der immer selben Schleife festzuhängen, weil eh jemand da war und ich keine Zeit hatte, genau hinzusehen.



Nun, nachdem mein Boden und meine Creme eine wahnsinnig tolle Kombination sind, möchte ich mir natürlich nicht von der Deko den Kuchen ruinieren lassen. Red Flags bei Männern sind ein heikles Thema, vielen hab ich schon mit einem breiten Grinsen zugewinkt und einige „der hat doch Potenzial“-Männer haben mich Zeit und Nerven gekostet. Inzwischen ist glasklar, was ich möchte und was mir nicht entspricht, nur danach zu handeln ist nicht immer so einfach, weil dieses fiese Bedürfnis geliebt und bestätigt zu werden, ziemlich tief sitzt, aber ich arbeite dran.


Ich will hier gar nicht diskutieren, was Red Flags in Beziehungen sind, das muss jede für sich alleine entscheiden. Aber ich möchte dich anstoßen zu überlegen, ob das, was dir romantisch geboten wird, gut genug für dich ist und deinen Standards (wir sind bei der Deko, also schon ganz oben!) entspricht. Nein, mir ist es nicht genug, wenn er sich unregelmäßig meldet. Nein, es reicht mir nicht, dass er das Minimum in die Beziehung investiert. Nein, ich möchte nicht die Verantwortung für die Partnerschaft übernehmen. Nein, ich bleibe nicht, wenn ich unglücklich bin, nur um nicht alleine zu sein!


Glaub mir, ich kenne alle Sprüche, dass eine Beziehung ein Kompromiss ist, das stelle ich auch gar nicht in Frage. Aber es muss ein Kompromiss auf beiden Seiten sein und beide müssen an sich und der Zweisamkeit arbeiten und vor allem glücklich sein. Irgendwann, und davon bin ich überzeugt, kommt dann jemand, der mit dir Prosecco Rosé schlürft und deine Kuchen verziert, nicht weil du ohne nicht vollständig bist, sondern weil’s Spaß macht.

 

Hast du bis zum Schluss gelesen? Gratuliere, ein emotionales Thema, da fliegen die Finger nur so. Ich wünsch dir jedenfalls den tollsten Kuchen, egal wie du ihn gestaltest, aber fang beim Boden an und arbeite dich dann weiter vor. Vor allem du, liebe Dreißigerin, musst wirklich keine Angst haben, dass dir die Zeit davonläuft. Wir sind im tollsten Jahrzehnt, genieße deine Tage mit dir, zelebriere deine Freundschaften und achte drauf, dass Männer dein Leben bereichern, dann wird’s einfach nur schön.


Ich weiß, die30erin ist erst seit kurzem zurück, es gibt trotzdem eine kleine Pause. Der wohlverdiente Urlaub steht vor der Tür, ich erkunde Sizilien mit meiner besten Freundin. Auf uns warten Pasta, Cannoli und – ihr habt’s vermutet – Prosecco Rosé.


xoxo

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