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Höhen und Tiefen aus dem Adventslockdown! #drittekerze

Die dritte Woche hatte noch einmal so einiges in sich, es ist schon ein eigenartiges Phänomen, dass in der vermeintlich besinnlichsten Zeit des Jahres das Stresslevel kontinuierlich steigt und allerlei begrabene Krampusse zum Vorschein kommen. In den letzten paar Tagen des Lockdowns – ich schreibe diesen Beitrag am Samstag, am Montag sperrt Tirol wieder auf – hatte ich mit einigen Höhen und Tiefen zu kämpfen, mit alltäglichem Scheitern und Wiederaufstehen, durfte besonders schöne, aber auch schmerzvolle Momente in die Erinnerungskiste packen.

 

Corona und ein fehlendes schlechtes Gewissen

Ich fang mit den schönen Highlights an, ich bin dieses und letztes Wochenende geflüchtet, mitten im Lockdown in die Nachbarländer gereist und hab es mir gut gehen lassen. Zuerst war ich in Südtirol, hab die frische Luft am Berg inhaliert, bin durch den frischen Schnee gestapft und hab den Großteil der Zeit mit Wellnessen und Essen verbracht. Dieses Wochenende bin ich am Freitag gleich nach der Schule mit meiner besten Freundin nach Nürnberg gedüst, unser jährlicher Weihnachtsausflug stand am Programm.


Beide Male hatte ich mich gescheut, von diesen Trips zu erzählen. Viel Solidarität wurde in letzter Zeit wieder gefordert und ich kann jede Maßnahme nachvollziehen, die unser Gesundheitssystem entlastet, aber als Einzelperson, die bisher alles getan und sich an alles gehalten hat, was verlangt wurde, bin ich in diesem vierten Lockdown echt am Ende gewesen. Niemand wusste, ob es wirklich nur drei Wochen sein werden und ehrlicherweise habe ich nicht damit gerechnet, dass am Montag völlige Normalität zurückkehrt. Ich musste Theaterkarten verfallen lassen, ein Konzert wurde abgesagt und eben auch unseren Weihnachtsausflug hatten wir zuerst gecancelt. Das sind natürlich alles Kleinigkeiten, aber nach einer so langen Zeit mit den immer gleichen Grafiken und leeren „kurzen“ Worten, haben sie sich nach Riesigkeiten angefühlt.

Also habe ich es mir herausgenommen, etwas für mich zu tun, mich an erste Stelle zu stellen und etwaige Kritik auszuhalten. Reisen ist erlaubt, aber ob es im Lockdown salonfähig ist, ist eine andere Frage. Fakt ist, dass ich keine Minute bereue und ein schlechtes Gewissen suchen müsste.


Auszeit & Freundinnentrip

Vor drei Jahren haben wir mit der Weihnachtsausflugtradition begonnen, das erste Mal ging es nach Salzburg, wo wir die Lieblingsecken unserer Studienzeiten abgeklappert haben. Das darauffolgende Jahr sind wir nach München gedüst, haben ausgiebig gebruncht, sind durch die Stadt geschlendert, haben Punch und gebrannte Mandeln genascht und den Abend beim Lieblingsvietnamesen ausklingen lassen. Beide Male war es ein Tagestrip, letztes Jahr gab es natürlich keine Möglichkeit einen Ausflug zu machen und umso mehr hatten wir uns im Vorfeld auf unsere Reise nach Nürnberg mit Übernachtung gefreut!


Tja, was soll ich sagen, es war ein Träumchen. Natürlich ist im Moment alles ein bisschen beschwerlicher, die 2G Regel mit Ausweiskontrolle in Deutschland macht Bummeln etwas mühsam, der berühmte Nürnberger Weihnachtsmarkt wurde coronabedingt leider auch abgesagt und das Wetter hätte kaum grauer sein können, aber wir zu zweit an einem anderen Ort ist immer Balsam für die Seele. Durch die Stadt flanieren, Kaffee und Kuchen teilen, in den Läden stöbern, neue Gassen erkunden und abends bei Wein verschiedene Köstlichkeiten probieren.

Nie wieder möchte ich auf Reisen und Ausflüge mit meiner besten Freundin verzichten, solche Tage schenken mir so viel Energie und schöne Erinnerungen, von denen ich in den unbequemen Wochen zehren kann. Egal ob Single oder in einer Beziehung, Freundinnenzeit ist ein wichtiger Faktor für mein Glück und Freundschaften wollen gepflegt und zelebriert werden.


Besinnlichkeit & Wehmut liegen nah beieinander

Ich werde jedes Jahr zu Weihnachten ein wenig melancholisch, das kenn ich schon von mir. Vielleicht sind es die kurzen Tage, vielleicht weil das Jahresende vor der Tür steht und ein Reflexionsprozess beginnt, vielleicht aber auch, weil mit Weihnachten von früher noch sehr viel Stress und Trauer verbunden sind. Jahrelang hatte ich mir als Kind um meinen leiblichen Vater Gedanken gemacht, weil er alleine war und ich die Vorstellung Weihnachten alleine zu verbringen, ganz ganz furchtbar fand. Zwischen zwei Familien zu stehen, balancieren und entscheiden zu müssen, der Druck, es beiden Teilen recht zu machen, war zur Weihnachtszeit immer am größten, ebenso meine Hilflosigkeit, weil ich die Situation nicht ändern konnte.


Wenn die Abende so still sind und in diesen drei Lockdownwochen waren sie noch viel stiller als sonst, schleicht sich immer ein wenig die Wehmut ein, die verpassten Möglichkeiten werden laut und die gescheiterten Projekte noch viel lauter. Es ist definitiv an der Zeit, dass ich mich noch einmal mit diesem letzten Jahr auseinandersetze, ein paar ruhige Tage verbringe, ein bisschen hineinspüre und anfange, mit ein paar Altlasten aufzuräumen. Manche Abende waren sehr schwer in diesen letzten paar Wochen, manchmal wusste ich nicht ganz warum, aber das war auch okay.

Aber es gab auch sehr schöne Momente, das erste Türchen des Adventskalenders ist immer etwas Besonderes, mein Geschenk an mich selbst ist angekommen, ich habe ruhige Spaziergänge mit mir verbracht, hab die besten Kekse mit meiner Freundin gebacken und ganz fest gespürt, dass ich von lieben Menschen umgeben bin und es in jeder noch so trostlosen Situation einen Grund gibt, um zu lachen. Die kommenden Tage werden wieder spannend, ich darf wieder am Theater spielen, die Stadt wird wieder lebendig und ich möchte eben in mich gehen, und dieses Jahr Revue passieren lassen.

 

Wenn dieser Beitrag am Sonntagmorgen hochgeladen wird, liege ich noch im Bett und kuschle in frischer Bettwäsche mit einem Buch in der Hand, Cappuccino auf dem Nachttisch und einem seligen Schmunzeln im Gesicht. Es gibt sie, diese Tiefen, diese blöden Tage und unangenehmen Gedanken, aber es gilt dann, besonders achtsam mit mir umzugehen und mir selbst die kleinen Freuden des Lebens zur Seite zu stellen.


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