Es war wieder soweit, ich bin ein Jahr älter geworden, 32 um genau zu sein. Erneut inmitten einer Pandemie mit geschlossen Restaurants und restriktiven Ausgehzeiten, aber auch während der ersten Frühlingstage zu Ostern, mit blühenden Kirschbäumen, warmen Temperaturen und zum ersten Mal seit Jahren als Single. Seit meinem Dreißiger scheinen die Jahre doppelt so schnell zu vergehen, vielleicht sind auch die ewig langen Lockdowns Schuld oder vielleicht hat sich auch meine Wahrnehmung von Zeit verändert, alles geht viel zu schnell und doch einiges zu langsam. Das letzte Lebensjahr war krass, vermutlich das schwierigste, das ich je hatte, aber auch jenes, in dem ich am meisten über mich gelernt habe.
Wenn die Zeit zu rinnen beginnt...
Dieses Jahr hatte ich Angst vor meinem Geburtstag, ich hatte Angst vor meinen Gefühlen, vor den Karten, vor den Blicken und auch vor den Wünschen. Ich wusste, dass die Themen Liebe und Zeit im Mittelpunkt stehen würden, dass die Omas und Opas unangenehme Fragen stellen werden, dass ich mich alt fühlen werde, obwohl ich es besser weiß und dass ich mir meinen zweiunddreißigsten Geburtstag anders vorgestellt hatte. Anfang der Zwanziger dachte ich, dass ich bis dahin längst verheiratet sein würde und zumindest Kinder in Planung wären. Letztes Jahr war ich der Meinung, dass ich mit meiner großen Liebe und vielen Freundinnen und ohne Corona feiern würde, in unserer schönen sonnigen Wohnung mit viel Platz und viel Liebe. Es kam anders und das anders hat mir ganz furchtbare Angst gemacht. Meine Liebsten haben das gespürt, ich wurde noch nie so viel im Vorfeld gefragt, was ich mir wünsche, wer wo sein solle und wie wir mich hochleben lassen würden.
Ein Tag wie früher.
Am Tag vor meinem Geburtstag habe ich mich mit meiner Mama getroffen, wir sind in die Stadt bummeln gegangen, haben Kuchen und Kaffee gekauft und im Freien auf einer Bank gegessen, sind am Bergisel herumspaziert und haben anschließend ein paar Läden in der Innenstadt besucht, ich hatte den ersten Sonnenbrand an den Knöcheln. Es war fast wie früher, wie bei einem von unseren Städtetrips, nur sie und ich, viele gute Gespräche, ein paar Meinungsverschiedenheiten und einfach eine feine Zeit mit meiner Heldin, die in letzter Zeit eine enorme Stütze war, mich fast täglich angerufen hat, mich viel zu sich nach Hause geholt hat und einfach da war, auch ohne Worte. In den letzten sechs Monaten habe ich viel Zeit mit meinen Eltern verbracht, habe an vielen Wochenenden zuhause geschlafen und es sehr zu schätzen gewusst, wie wohlig sich das alte Daheim anfühlt. Abends bin ich trotzdem traurig ins Bett, allein, einsam und sehr nachdenklich. Die Zukunft ist ein Arschloch, niemand kann sie dir vorhersagen, du bist ihr ausgeliefert, kannst zwar einiges entscheiden, aber vieles passiert auch einfach, ob du willst oder nicht.
So viel Kuchen und noch mehr Liebe.
An meinem Geburtstag habe ich diese Gedanken zum Höttinger Bild getragen, gleich morgens bin ich losgegangen, habe den zwitschernden Vögeln zugehört, den blühenden Bäumen zugelächelt und diese Stunde für mich im Wald genossen. Oben angekommen, sind wie immer ein paar Tränen geflossen, es ist eben alles im Moment ein wenig mühsam, nicht nur für mich, sondern ganz allgemein. Später war ich ausgiebig einkaufen, hab gefrühstückt, mir die Haare gewaschen, die Nägel lackiert und den Tisch gedeckt für meine liebsten Drei. Nach der Reihe haben sie meine kleine Wohnung mit Wärme und Gelächter gefüllt, mich gedrückt und mich beschenkt, mich hochleben lassen und mit mir Kuchen gegessen. Zum ersten Mal war auch ein Baby dabei, meine Kindergartenfreundin ist gerade Mama geworden und ich habe es sehr zu schätzen gewusst, dass sie zumindest für ein paar Stunden dabei war. Bis Mitternacht habe ich dann mit meinen zwei engsten Freundinnen diniert und Gin getrunken und nochmals Kuchen gegessen und noch mehr Gin getrunken. Wie gern wären wir auf die Räder gestiegen und in dieser lauen Frühlingsnacht in die Stadt gefahren, tanzen gegangen, ohne Maske und ohne Sorgen. Aber es war auch so schön, sehr schön sogar. Am nächsten Tag habe ich noch mit meiner Familie gefeiert, nochmals viel Kuchen gegessen, viel geredet und viel gelacht. Zurück zuhause war es still.
Ich möchte...
Still ist es in letzter Zeit öfters, die Gedanken sind dafür lauter, vielleicht haben sie auch einfach mehr Platz. Mein Geburtstag war zauberhaft, ich hab mich geliebt und geschätzt gefühlt und ich hatte so viel Liebe und Dankbarkeit zu geben. Ich bin so dankbar für diese besonderen drei Frauen in meinem Leben, die mir zur Seite stehen, egal was kommt, dankbar für die vielen lieben Nachrichten aus der Ferne, die ich erhalten habe, für meine Familie und für die ganzen Privilegien, die mir oft gar nicht so bewusst sind. Fürs neue Lebensjahr habe ich eigentlich nur einen Vorsatz: Mehr auf mein Bauchgefühl hören. Ich möchte mich mehr trauen, weniger Angst haben, weniger an Konsequenzen denken, meinen Kopf öfters ausschalten und meinen Gefühlen vertrauen. Ich möchte mehr zu mir stehen, meine Meinung besser halten und meine Grenzen klarer abstecken, in allen Bereichen. Ich möchte mehr Kuchen essen, auch ohne Anlass, mehr in der Natur sein, auch wenn noch viel zu tun wäre, länger wach bleiben, auch wenn ich am nächsten Tag müde bin. Ich möchte rote Nägel tragen und Lippenstift, auch unter der Woche, den schönen Schmuck und die teure Tasche untertags ausführen, mehr riskieren und mehr lachen, ich möchte mehr Zeit mit den schönen Dingen und den lieben Menschen in meinem Leben verbringen. Und ich möchte diesen Blog weiterführen, weil es mir so gut tut, Gedanken niederzuschreiben, weil es mir Freude macht, daran zu arbeiten und weil ich mehr das tun will, was sich im Bauch gut anfühlt, auch wenn der Kopf noch etwas zögerlich ist.
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